Blumen auf einer Wiese, Bäume vor einem Sonnenuntergang, ein Hirte oder spielende Kinder: das sind
Bildbestandteile, die der Titel "Landschaft" erwarten lässt und die ständig wieder unser
Bedürfnis nach einer Welt, in der der Mensch in Einklang mit der Natur lebt, befriedigen.
Barbara Kämpers Bilder dagegen zeigen Verwundungen, Narben und Zerstörung, lösen
unsere ideale Erwartung von Landschaftsmalerei auf und obduzieren den Ist-Zustand unserer Gegenwart.
Das geschieht nicht nur über eine inhaltliche Annäherung, die unsere Bilder von Natur und
Kultur hinterfragt und sie des harmonischen Zusammenhanges beraubt, sondern auch über die formale
Auseinandersetzung mit den traditionellen Gattungen, die ebenfalls der sezierenden Analyse unterzogen werden.
Motive wie Blumen, Horizont und Himmel werden ihrer sinnlichen Werte entledigt und erfahren
Transformationen, die sie auf reine Form reduzieren und sie in einen veränderten Zusammenhang
stellen. Infusionsschläuche werden zur leblosen Kontur einer Blüte, Lebensformen unter einer
hauchdünnen Membran gefangen und auf den ätzenden Untergrund eines chemischen
Nährbodens verpflanzt, dessen blasenwerfende Oberfläche bedrohlich und tödlich erscheint.
Vor dem indifferenten Himmel steht das Zeichen des Wagens, der als Chiffre für das menschliche Handlen
den formalen und inhaltlichen Bezug zum Thema herstellt. Auch hier wird wieder mit Bekanntem gespielt,
das Motiv seines tradierten Kontextes beraubt, aus romantischer Symbolhaftigkeit objektivierende Kälte.
Barbara Kämper vermeidet illusionistische Tiefe und reduziert Zusammenhänge auf
nivellierende, eindimensionale Bildflächen, die unser Bedürfnis nach Scheinwelten nicht durch
Surrogate befriedigen wollen, sondern bedrohliche Realitäten aufzeigen.
Ralf Frank Hartmann